Am Donnerstag konnte man Angela Merkel in der “Bild-Zeitung” als “Eiserne Bundeskanzlerin” bestaunen. “Bild” hatte dem Hamburger Denkmal des “Eisernen” Kanzlers Otto von Bismarck schnell mal Angela Merkels Kopf verpasst. Tags darauf verkaufte Merkel in Brüssel einen Kompromiss, als ihren Erfolg.
Richtig ist: Merkel hat verhindert, dass Griechenland - so wie es sich das wünschte - von der EU billige Kredite erhält. Statt dessen einigte man sich in Brüssel darauf, die Griechen an den IWF, den Internationalen Währungsfonds zu verweisen, der seine Kredite mit Bedingungen verbindet, die zwar unbequem sind, aber zur wirtschaftlichen Gesundung des Kreditnehmers führen. Zusätzliche Kredite der EU-Staaten kann Griechenland jetzt nur “im äußersten Notfall” von den EU-Staaten erhalten. Dieser “äußerste Notfall” hat zwei Voraussetzungen: Erstens muss Athen zuvor den IWF-Kredit in Anspruch genommen und sich damit den harten Regeln zur Sanierung seines korrupten Staatswesens unterworfen haben. Zweitens erhalten die Griechen nur dann zusätzliche Kredite von den EU-Staaten, wenn alle – also auch Deutschland – dem zustimmen. Merkel behält also ein Veto-Recht.
Das mag für den Fall Griechenlands hinnehmbar sein; zumal von einer Insolvenz des Landes gar keine Rede sein kann. Dass in der EU dennoch so große Aufregung besteht, verrät, dass es bei den jetzt getroffenen Entscheidungen gar nicht so sehr um Griechenland geht, sondern um das Prinzip. Und das ist im EU-Vertrag von Maastricht festgelegt worden und lautet: Die Euro-Währung dürfen nur Staaten mit soliden Finanzen erhalten. Dazu gehört, dass ihre Verschuldung unter 60 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes liegt und damit allenfalls die Hälfte der Verschuldung Griechenlands. Ihre Kreditwürdigkeit bereitet ihnen daher auch keine Probleme. Deshalb bestimmt der Maastrichter Vertrag, dass jedes Land für seine Schulden selbst aufzukommen hat.
Jetzt aber hat man sich in der EU auf Regeln darüber verständigt, wie zu verfahren ist, wenn ein Euro-Land notleidend wird – was der Vertrag ausschließt. Das gilt jetzt für Griechenland; morgen vermutlich für Italien und Portugal. Was man heute den Griechen gewährt, wird man aber morgen den anderen nicht verweigern können. Damit ist der Weg zu einem weichen Euro beschritten. Um dies zu verhindern, hätte die Kanzlerin wirklich “eisern” sein und auf der Einhaltung des Maastrichter Vertrags ohne Wenn und Aber bestehen müssen – auch wenn dies zum Ausscheiden des einen oder anderen Landes aus dem Euro führen sollte. Es wäre kein Verlust. In Brüssel wurde dagegen der Bruch geltender Verträge und das Ende des Euro als Hartwährung beschlossen. “Bild’s” “Eiserne Kanzlerin” hat sich als Fata Morgana erwiesen.
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